Gefördert vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages
Problem Klimawandel - Hitze
Mit Voranschreiten des Klimawandels nehmen gerade in städtischen Ballungsräumen die Hitzebelastung und die Zahl tropischer Nächte (Minimaltemperatur >20°C) stark zu, was in Hitzewellen die Mortalität unter alten und geschwächten Personen steigert. Zur Minderung des Hitzeinseleffekts wäre mehr urbanes Grün, v.a. ältere Bäume mit hoher Transpirationsleistung zur Abführung latenter Wärme dringend erforderlich („Verdunstungskühlung“). Aufgrund der Wurzelraumverdichtung und –beschränkung sowie der Schadstoff- und Salzbelastung erreichen Stadtbäume dieses Alter jedoch immer weniger; seit dem Hitzejahr 2018 sterben Stadtbäume verstärkt ab.
Problem Klimawandel - Starkregen
Zugleich steigt die abzuleitende Wassermenge bei Starkregenereignissen durch die simple physikalische Gesetzmäßigkeit, dass (a) Luft mit jedem Grad Temperaturerhöhung 7% mehr Wasserdampf transportieren kann, was durch (b) die sich verstärkende Wolkendynamik in Gewitterzellen mit Temperaturzunahme (c) plus der (dadurch) größeren Einzugsgebiete für Feuchtigkeit zu immer heftigeren Niederschlägen führt.
Diese müssen in städtischen Ballungsräumen sicher abgeleitet, oder besser, im städtischen Untergrund zwischengespeichert werden (stormwater management). Oftmals treffen diese Niederschlags-extreme jedoch nach längeren Trockenphasen auf steinharte, ausgedörrte Böden und fließen vorwiegend oberflächlich ab, mit entsprechenden Zerstörungen an Gebäuden und städtischer Infrastruktur – ohne dass Wasserspeicher im Untergrund so aufgefüllt werden, dass städtisches Grün seine Funktion erfüllen kann.
Problem Klimawandel –
CO₂ Emissionen
Mit steigenden CO₂-Emissionen aus der Verbrennung fossiler Brennstoffe und industriellen Prozessen wird die globale Erwärmung weiter beschleunigt. CO₂ ist das Treibhausgas, das die größte Menge an langwelliger Wärmestrahlung in der Atmosphäre speichert und dadurch den natürlichen Treibhauseffekt verstärkt. Die steigenden Temperaturen beeinflussen nicht nur die Hitzebelastung in städtischen Räumen, sondern führen auch zu gravierenden Änderungen in der globalen Wetterdynamik. Eine wärmere Atmosphäre kann etwa 7% mehr Wasserdampf pro Grad Temperaturanstieg aufnehmen, was zu häufigeren und intensiveren Starkregenereignissen führt. In urbanen Gebieten mit stark versiegelten Flächen kann das Wasser nicht ausreichend versickern, fließt oberflächlich ab und erhöht das Risiko von Überschwemmungen. Diese extremen Niederschläge belasten die städtische Infrastruktur und verhindern gleichzeitig das Auffüllen lokaler Wasserspeicher, wodurch städtisches Grün seine kühlende und regulierende Funktion nicht mehr voll erfüllen kann.
Im Rahmen des Pariser Abkommens muss die Reduzierung der CO₂-Emissionen nicht nur effizient, sondern auch nachhaltig gestaltet werden. Allerdings ignorieren viele Klimaszenarien oft die soziale und ökologische Nachhaltigkeit. Eine speziellere Auswahl nachhaltiger Szenarien zeigt, dass bis 2050 zwischen 4 und 9 Gigatonnen CO₂ pro Jahr entfernt werden könnten. Insgesamt könnten bis zur Erreichung der Netto-Null-Emissionen 170 Gigatonnen CO₂ entfernt werden, was zeigt, wie wichtig nachhaltige Ansätze für die Erreichung unserer Klimaziele sind.
Biochar Carbon Removal (BCR)
CO₂ einfangen, verwenden und speichern
Pflanzenkohle - Macadam - Stadtbaumsubstraten
als Anpassungsstrategie
für Stadtgrün an den Klimawandel
Pflanzenkohle - Macadam - Stadtbaumsubstraten
als Anpassungsstrategie
für Stadtgrün an den Klimawandel
Pflanzenkohle-Macadam-Struktursubstrate (PMS) sind eine innovative Lösung, die entwickelt wurde, um das Wachstum von Stadtbäumen in urbanen Umgebungen zu unterstützen und gleichzeitig einen Beitrag zur Klimaanpassung zu leisten. Diese speziellen Substrate bestehen aus einer Mischung von Gesteinsschotter, Pflanzenkohle und Kompost, die sorgfältig aufeinander abgestimmt sind, um eine optimale Wasserversorgung, Sauerstoffzufuhr und Nährstoffbereitstellung für die Baumwurzeln zu gewährleisten.
Wichtige Bestandteile des PMS-Systems:
Gesteinsschotter (70%):
- Dient als Grundstruktur des Substrats und schafft einen stabilen, tragfähigen Raum, in dem die Wurzeln wachsen können.
- Der Schotter bietet ausreichend nicht verdichtbaren Porenraum, der für die Durchlüftung und die Wasserspeicherung essenziell ist.
- Die optimierte Korngröße ermöglicht es den Wurzeln, sich in den Porenräumen auszubreiten, ohne dass der Boden verdichtet wird.
- Kompost (15%):
- Der Kompost im PMS sorgt für eine langsame Nährstofffreisetzung, die das Wurzelwachstum und die Vitalität der Bäume unterstützt.
- Während der Kompost langsam mineralisiert, werden wichtige Nährstoffe bereitgestellt, ohne den Boden schnell zu erschöpfen.
- Zudem fördert der Kompost die mikrobiologische Aktivität im Substrat, die das Wachstum der Bäume weiter unterstützt.
Pflanzenkohle (15%):
- Pflanzenkohle ist extrem zersetzungsstabil und bietet somit langfristig eine stabile Bodenstruktur.
- Sie verbessert die Wasserhaltekapazität des Substrats und sorgt dafür, dass die Bäume in Trockenperioden besser mit Wasser versorgt werden.
- Ein weiterer Vorteil ist, dass die Pflanzenkohle keine Sauerstoffzehrung durch Zersetzungsprozesse verursacht, da sie nicht abgebaut wird. Dadurch bleibt mehr Sauerstoff für die Baumwurzeln verfügbar
Vorteile des PMS-Systems:
- Optimierte Wachstumsbedingungen: Das PMS-Substrat schafft eine Umgebung, in der Stadtbäume trotz schwieriger Bedingungen wachsen können. Die spezielle Mischung ermöglicht eine gute Wasserspeicherung, Sauerstoffzufuhr und Nährstoffbereitstellung.
- Langfristige Stabilität: Durch die Kombination von Pflanzenkohle und Schotter bleibt die Struktur des Substrats über lange Zeit stabil, was die Lebensdauer der Bäume verlängert und ihre Gesundheit fördert.
- Tragfähigkeit und Flexibilität: PMS-Substrate sind so tragfähig, dass sie unter Straßen und Gehwegen verwendet werden können, wodurch der Raum für die Baumwurzeln maximiert wird, ohne die städtische Infrastruktur zu beeinträchtigen.
Anwendung:
- PMS-Substrate werden weltweit immer häufiger als nachhaltige Lösung für die Herausforderungen des städtischen Baumwachstums eingesetzt. Sie bieten eine innovative Möglichkeit, das Problem der Bodenverdichtung und des begrenzten Wurzelraums in urbanen Räumen zu lösen. Darüber hinaus tragen sie zur Wasserrückhaltung bei, was angesichts des zunehmenden Klimawandels und der vermehrten Starkregenereignisse von großer Bedeutung ist.
Großmaßstäbliche Tests zur Haltbarkeit und Regenwasserversickerungskapazität
Funktionsweise und Anwendung von Pflanzenkohle-Macadam-Substraten für Regenwasserbewirtschaftung und Gasaustausch
Diese Videoanimation wurde entwickelt von Edge.Se, einem Beratungsunternehmen für nachhaltige Städtebau- und Infrastrukturprojekte, und RI.SE, dem führenden schwedischen Forschungsinstitut für angewandte Wissenschaften und Innovation.
Die Animation selbst wurde von Lumiartsoft in Zusammenarbeit mit K2N Landscape erstellt
Ursprung der Idee
John Loudon McAdam und die Verbindung zur Terra Preta-Technologie
Die Wurzeln des modernen Pflanzenkohle-Macadam-Struktursubstrats (PMS) liegen in zwei bahnbrechenden Innovationen, die aus unterschiedlichen historischen Kontexten stammen, jedoch heute zu einem zentralen Bestandteil nachhaltiger urbaner Infrastrukturen verschmelzen: das Macadam-Verfahren von John Loudon McAdam und das Konzept der Terra Preta.
Zu Beginn des 19. Jahrhunderts revolutionierte der schottische Ingenieur John Loudon McAdam den Straßenbau. Sein Verfahren, bei dem geschichteter Gesteinsschotter mit enger Korngrößenverteilung verwendet wurde, schuf eine extrem stabile, tragfähige Oberfläche, die den Belastungen moderner Straßen standhielt. Diese Technik wurde als Macadam-Verfahren weltbekannt und legte den Grundstein für viele der heutigen Infrastrukturlösungen. Was ursprünglich zur Verbesserung von Straßen gedacht war, wurde im Laufe der Zeit weiterentwickelt, um städtische Pflanzsysteme für Bäume und Grünflächen zu unterstützen.
Parallel dazu stammt das Konzept der Terra Preta – einer hochfruchtbaren, menschengemachten Schwarzerde – aus der präkolumbianischen Landwirtschaft des Amazonas. Hier wurde organisches Material, insbesondere Holzkohle, in den Boden eingearbeitet, um seine Struktur, Nährstoffspeicherung und Langlebigkeit erheblich zu verbessern. Die Terra Preta-Technologie hat gezeigt, dass Holzkohle (heute als Pflanzenkohle bekannt) ein überaus stabiler Bestandteil des Bodens ist, der nicht nur die Fruchtbarkeit langfristig sichert, sondern auch eine signifikante Kohlenstoffbindung bietet.
Eine Symbiose aus Tradition und Innovation
Im 21. Jahrhundert hat sich diese Erkenntnis als entscheidend für die urbane Begrünung und den Umgang mit den Folgen des Klimawandels herausgestellt. In Städten wie Stockholm wurde McAdams Macadam-Verfahren mit der Terra Preta-Idee vereint, um das Pflanzenkohle-Macadam-Struktursubstrat (PMS) zu entwickeln. Diese Methode verbindet die Stabilität und Tragfähigkeit von geschichtetem Gesteinsschotter mit den ökologischen Vorteilen der Pflanzenkohle. So entsteht ein Substrat, das selbst in hoch verdichteten urbanen Böden ausreichend Wurzelraum bietet und gleichzeitig die Wasserhaltekapazität sowie die Nährstoffversorgung der Bäume sichert.
Die Kombination von Pflanzenkohle mit Macadam bildet nicht nur die Basis für gesundes Baumwachstum, sondern ist auch ein Schlüsselinstrument für die Anpassung städtischer Grünflächen an den Klimawandel. Pflanzenkohle ist besonders resistent gegen Zersetzung und kann Kohlenstoff über Jahrhunderte hinweg im Boden speichern. Durch diese Kohlenstoffsenke wird nicht nur die Baumgesundheit verbessert, sondern auch aktiv zur Reduktion von Treibhausgasen beigetragen – ein entscheidender Schritt in Richtung klimaneutraler Städte.
Wiedner et al. 2015; Downie et al. 2011