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Studienreise nach Schweden
- Malmö & Stockholm -
Vom 29. Juli bis 2. August 2024 reiste das Black2GoGreen-Team nach Schweden, um praxisnahe Einblicke in innovative Strategien zur Klimaanpassung und nachhaltige Lösungen für das urbane Grün zu gewinnen. Im Mittelpunkt standen Besuche bei Projekten, die PMS-Lösungen einsetzen – ein Ansatz, der in Schweden bereits seit mehr als zwei Jahrzehnten erfolgreich angewendet wird.
Die Reise führte das Team in die Städte Malmö und Stockholm, wo sie Projekte besuchten, die auf beeindruckende Weise zeigen, wie Pflanzenkohle und Macadam-Schichten in urbanen Räumen umgesetzt werden können. Dabei stand nicht nur die technische Umsetzung im Fokus, sondern auch die Möglichkeit, vor Ort mit den schwedischen Fachleuten ins Gespräch zu kommen, die diese Methoden kontinuierlich weiterentwickeln.
Für das Team war es eine Gelegenheit, die beeindruckende Arbeit und die praktischen Erfolge dieser langjährigen Ansätze aus erster Hand kennenzulernen. Gleichzeitig bot die Studienreise Raum für Reflexion: Wie lassen sich die gewonnenen Erkenntnisse auf eigene Projekte übertragen? Welche Aspekte können für zukünftige Entwicklungen inspirierend sein?
Die Besichtigung dieser Projekte und der persönliche Austausch lieferten wertvolle Impulse für die Arbeit des Teams und stärkten das Verständnis dafür, wie nachhaltige Lösungen für urbanes Grün erfolgreich und langfristig umgesetzt werden können.
Erste Station: Malmö – Blau-Grün-Grau-Systeme in der Praxis
Unsere erste Station führte uns nach Malmö, wo das Konzept der Blue-Green-Grey (BGG) Systems bereits erfolgreich umgesetzt wird. Während der Führung durch die Stadt zeigte uns Martin Vysoký, Landschaftsarchitekt und Mitautor des Handbuchs “Livable ’scapes – A Handbook of Blue-Green-Grey Systems”, verschiedene Anwendungsbeispiele dieser Systeme.
Prof. Dr. Claudia Kammann, Martin Vysoký & Emir Hasanagić in Malmö
Livable ’scapes – A Handbook of Blue-Green-Grey Systems von Edge.se
Die BGG-Systeme in Malmö kombinieren Vegetationsflächen, Wasserrückhaltung und belastbare Oberflächenstrukturen, um städtische Räume widerstandsfähiger gegenüber Klimaveränderungen zu gestalten. Eine zentrale Rolle spielt dabei die Integration von offenen Schotterschichten, die mit Biochar (Pflanzenkohle) angereichert werden. Diese Mischung ermöglicht es, Wasser mit einer Kapazität von bis zu 400 Litern pro Kubikmeter zu speichern, was besonders bei Starkregenereignissen zur Entlastung des Kanalsystems beiträgt. Zusätzlich verbessert Biochar die Nährstoffspeicherung und schafft optimale Bedingungen für das Wurzelwachstum.
Projekt Ängelholmsgatan - Bioretentionsflächen
Ein Beispiel hierfür ist die Straße Ängelholmsgatan, wo Bioretentionsflächen in Kombination mit offenen Schotterschichten angelegt wurden. Diese dienen nicht nur der Regenwasserrückhaltung, sondern filtern das Wasser gleichzeitig, bevor es in das Kanalsystem abgegeben wird. Solche Maßnahmen senken das Überflutungsrisiko und unterstützen eine nachhaltige Stadtplanung.
Ein weiteres Projekt ist die Gestaltung von öffentlichen Plätzen, bei denen vegetationsfreundliche Pflanzsubstrate in stark frequentierten Bereichen wie Gehwegen oder Parkflächen genutzt werden. Dank der porösen Struktur des Substrats bleibt die Luft- und Wasserdurchlässigkeit auch unter Verkehrsbelastung erhalten, wodurch langfristig widerstandsfähige Vegetation gefördert wird.
Die in Malmö umgesetzten Lösungen basieren auf detaillierten Planungen, wie sie im Handbuch beschrieben werden, und dienen als Modell für ähnliche Vorhaben im Rahmen von Black2GoGreen.
Zweite Station: Stockholm – Ursprung und Praxis des Stockholmer Modells
Nach Malmö führte uns unsere Reise nach Stockholm, wo wir die Möglichkeit hatten, das bekannte Stockholmer Modell näher kennenzulernen. Die Stadt hat es sich zur Aufgabe gemacht, nicht nur Bäume in die urbane Landschaft zu integrieren, sondern auch den Umgang mit Regenwasser grundlegend zu verbessern. Das Modell, das unter der Leitung von Björn Embrén entwickelt wurde, setzt dabei auf ein einfaches, aber effektives Prinzip: den Boden für Bäume und Wasser gleichermaßen nutzbar zu machen.
Wir trafen Björn Embrén persönlich, der uns mit einer Mischung aus technischer Expertise und echter Leidenschaft erklärte, wie das Modell entstanden ist. „Es war uns klar, dass wir den Bäumen mehr Raum geben müssen – nicht nur oberirdisch, sondern vor allem unter der Erde“, sagte er. Das führte zur Entwicklung der Skeletterde, einer Mischung aus grobem Schotter und feinem Substrat, die sowohl das Wachstum der Wurzeln als auch die Stabilität des Bodens unter Straßen und Gehwegen ermöglicht.
Ursprung und Entwicklung des Stockholmer Modells
Prof. Dr. Claudia Kammann, Bjorn Embrén & Michael Clausen in Stockholm
Die Idee für das Modell entstand aus der Notwendigkeit, städtische Bäume besser an die oft widrigen Bedingungen in Städten anzupassen: versiegelte Böden, begrenzte Wurzelräume und schlechte Wasserverfügbarkeit. Ziel war es, ein System zu entwickeln, das sowohl die Lebensbedingungen der Bäume verbessert als auch Funktionen wie Regenwasseraufnahme und -speicherung erfüllt.
Ein Durchbruch war die Einführung der sogenannten Stockholmer Skeletterde – ein Substrat, das aus grobem Schotter (90–150 mm) besteht und mit einer dünnen Schicht organischem Pflanzsubstrat überzogen ist. Dieses Material sorgt dafür, dass die Böden tragfähig genug für Straßen- und Gehwegoberflächen bleiben, gleichzeitig aber Hohlräume für Wurzeln, Wasser und Luft bieten.
In Stockholm wurden früher auch Bäume nach der herkömmlichen Variante gepflanzt
Nachhaltige Stadtentwicklung: Regenwassernutzung durch einfache Lösungen zur Bewässerung von Straßenbäumen
Bäume auf unterbautem Untergrund
In Städten sind viele Flächen wie Plätze oder Straßen auf Tiefgaragen, U-Bahn-Stationen oder anderen Strukturen aufgebaut. Das stellt besondere Anforderungen an die Planung von Pflanzgruben. Alles muss genau abgestimmt werden: die Belastbarkeit des Untergrunds, die Zielsetzung der Begrünung und die Zusammensetzung des Substrats.
Für kleine Bäume oder Sträucher reicht eine Substrattiefe von etwa 60 cm. Größere Bäume benötigen mindestens 1 Meter Tiefe, damit ihre Wurzeln genug Platz haben und die Pflanzen ausreichend mit Wasser, Sauerstoff und Nährstoffen versorgt werden. Gleichzeitig muss das Substrat Wasser speichern und abführen können, damit keine Staunässe entsteht.
Häufig wird für solche Pflanzgruben ein Substrat verwendet, das Leichtbaumaterialien wie Bims oder Blähton enthält. Diese Materialien sind leicht und haben ein großes Porenvolumen, das Wasser speichern und gleichzeitig die Belastung auf den Untergrund reduzieren kann. Für größere Pflanzgruben wird oft Pflanzenkohle beigemischt. Sie hilft, Nährstoffe zu binden, Schadstoffe zu filtern und die Wasserspeicherkapazität zu erhöhen. Pflanzenkohle ist besonders langlebig und sorgt dafür, dass das Substrat über Jahrzehnte stabil bleibt.
Auf unterbauten Flächen ist es entscheidend, die zusätzliche Belastung durch gespeichertes Wasser zu berücksichtigen. Wasser kann das Gewicht erheblich erhöhen, was für die Tragfähigkeit des Untergrunds relevant ist. Zusätzlich sollten Belüftungsschichten eingeplant werden, die den Sauerstoffaustausch unterstützen und die Gesundheit der Wurzeln fördern.
Je nach Projekt gibt es unterschiedliche Anforderungen. In manchen Fällen sind flachere Pflanzgruben mit einem höheren Porenvolumen notwendig, während in anderen Projekten tiefere Gruben mit hohem Wasserrückhaltevermögen sinnvoller sind. Für solche spezifischen Planungen gibt das schwedische Gründach-Handbuch detaillierte Empfehlungen, die sich an verschiedenen Vegetationstypen orientieren.
Projekt Grindsgatan
Projekt Valentin Sabbats gata
Weitere Projekte und Baumpflanzungen nach der Stockholmer Modell-Methode
Slussen – Transformation eines städtischen Knotenpunkts
Während unseres Besuchs in Stockholm hatten wir die Gelegenheit, Sofia Eskilsdotter, Landschaftsarchitektin und Teil des Planungsteams von Slussen, zu treffen. Sie führte uns durch die Baustelle und erläuterte die umfassenden Veränderungen, die an diesem zentralen Ort der Stadt vorgenommen werden. Slussen, der schwedische Begriff für „die Schleuse“, wird derzeit von einem rein funktionalen Verkehrsknotenpunkt in einen lebendigen öffentlichen Raum umgestaltet.
Die Neugestaltung von Slussen verfolgt mehrere Ziele: Sie soll den veränderten Mobilitätsbedürfnissen der Menschen gerecht werden, die Stadt auf ein sich wandelndes Klima vorbereiten und gleichzeitig neue Plätze, Wege und Grünflächen schaffen, die Aufenthaltsqualität bieten. Sofia zeigte uns, wie eng die Planung von Grünflächen mit der Verbesserung der Infrastruktur verbunden ist. Insbesondere wird daran gearbeitet, größere Mengen Regenwasser aus dem Mälaren-See abzuführen, um die Stadt vor Überschwemmungen zu schützen und die Trinkwasserversorgung zu sichern.
Alle Grünflächen und Bäume werden nach den Prinzipien des Stockholmer Modells gestaltet. Die Pflanzungen sind so konzipiert, dass sie auch unter den besonderen Bedingungen der urbanen Umgebung, wie versiegelten Flächen und hoher Verkehrsbelastung, gedeihen können. Gleichzeitig entstehen öffentliche Räume, die für Fußgänger und Radfahrer besser zugänglich sind und die Stadt mit ihrer Umgebung verbinden.
Mehr über das Projekt Slussen erfahren Sie auf der offiziellen Instagram-Seite: